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Marco Stickel

Entwickler – JTL-Shop

Veröffentlicht am: 7. November 2024

Barrierefreier E-Commerce: Chancen für Onlinehändler und warum Ihr jetzt handeln solltet

Im E-Commerce geht es längst nicht mehr nur darum, ein breites Sortiment anzubieten oder einen reibungslosen Checkout-Prozess sicherzustellen. Ein Aspekt, der zunehmend an Bedeutung gewinnt und von vielen noch unterschätzt wird, ist die Barrierefreiheit. Spätestens ab dem 28. Juni 2025 wird das Thema für jeden Onlinehändler relevant, denn dann tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Doch was genau bedeutet Barrierefreiheit im Onlinehandel, welche rechtlichen Vorgaben gibt es, und welche Chancen entstehen daraus für Euch? Dieser Beitrag gibt Euch einen Überblick und zeigt, wie Ihr davon profitieren könnt.

Barrierefreiheit im Onlinehandel – was bedeutet das?

Barrierefreiheit bedeutet, dass Eure Website oder Euer Online-Shop für alle Nutzer zugänglich ist, unabhängig davon, ob sie eine Beeinträchtigung haben oder nicht. Dies betrifft zum Beispiel Menschen mit Sehbehinderungen, Hörbehinderungen oder motorischen Einschränkungen. Sie müssen in der Lage sein, Eure Website zu navigieren, Informationen zu verstehen und Einkäufe zu tätigen – idealerweise genauso leicht wie Menschen ohne Beeinträchtigungen.

Warum Barrierefreiheit jetzt wichtig ist

Barrierefreier E-Commerce ist nicht nur ein ethisches Thema, sondern gewinnt auch rechtlich immer mehr an Relevanz. Seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2009 in Deutschland und der Barrierefreien-Informationstechnik-Verordnung von 2011 gibt es klare Vorgaben für die Gestaltung von Websites. Noch entscheidender: Ab dem 28. Juni 2025 tritt der European Accessibility Act (EAA) in Kraft. Dieser zwingt Unternehmen, die in der EU Produkte oder Dienstleistungen anbieten, ihre Online-Präsenz barrierefrei zu gestalten.

Junge Frau entspannt mit Handy auf grünem Sofa

Der EAA betrifft nicht nur Webshops, sondern auch mobile Anwendungen und Dienstleistungen wie Internet- und Videotelefonie, Bankdienstleistungen oder E-Tickets. Onlinehändler, die diese Anforderungen nicht erfüllen, riskieren nicht nur Abmahnungen und Bußgelder von bis zu 100.000 Euro, sondern auch erhebliche Imageschäden und Kundenverluste.

Was Ihr jetzt tun könnt

Um den Anforderungen gerecht zu werden, gibt es verschiedene Schritte, die Ihr unternehmen könnt:

  1. Tastaturbedienbarkeit sicherstellen: Viele Menschen mit motorischen Einschränkungen navigieren Websites ausschließlich mit der Tastatur. Testet also, ob Eure Website vollständig mit der Tastatur bedienbar ist. Eine unzureichende Tastaturbedienbarkeit ist einer der häufigsten Gründe, warum Websites als nicht barrierefrei eingestuft werden.
  2. Formulare zugänglich gestalten: Formulare sind ein kritischer Punkt im E-Commerce. Ob beim Anlegen eines Benutzerkontos oder im Checkout-Prozess – alle Formularfelder müssen klar beschriftet und für Screenreader lesbar sein.
  3. Multimediale Inhalte anpassen: Videos und Bilder sind ein fester Bestandteil vieler Online-Shops. Stellt sicher, dass alle multimedialen Inhalte entweder mit Untertiteln, Audiodeskriptionen oder detaillierten Alternativtexten ausgestattet sind. So können auch Menschen mit Seh- oder Hörbehinderungen Eure Inhalte vollumfänglich nutzen.
  4. Tools zur Barrierefreiheit nutzen: Es gibt zahlreiche Browser-Plugins und Tools, mit denen Ihr Eure Website auf Barrierefreiheit testen könnt. Beispiele hierfür sind Lighthouse (in den Chrome DevTools) oder das WAVE-Tool von WebAIM. Diese Tools zeigen Euch, wo noch Handlungsbedarf besteht und wie Ihr Euren Webshop optimieren könnt.

Chancen für Euren Onlinehandel

Vielleicht fragt Ihr Euch: Warum sollten wir uns jetzt mit Barrierefreiheit beschäftigen? Neben den rechtlichen Anforderungen gibt es noch weitere gute Gründe, warum barrierefreies Design Euch einen klaren Wettbewerbsvorteil verschaffen kann.

  • Erweiterte Zielgruppe: Laut dem Dritten Teilhabebericht der Bundesregierung leben in Deutschland rund 10,4 Millionen Menschen mit Beeinträchtigungen. Viele von ihnen stoßen online auf Barrieren und können bestimmte Websites nicht nutzen. Durch eine barrierefreie Gestaltung Eures Webshops öffnet Ihr Euch einer völlig neuen Kundengruppe.
  • Verbesserte Suchmaschinenoptimierung (SEO): Barrierefreiheit und SEO gehen oft Hand in Hand. Die Anpassungen, die Ihr vornehmt, um Eure Website barrierefrei zu machen – wie klare Strukturierung, gut beschriftete Bilder oder semantisch korrektes HTML – helfen auch Suchmaschinen, Eure Inhalte besser zu verstehen. Das kann zu besseren Platzierungen in den Suchergebnissen führen.
  • Innovation und bessere User Experience: Viele Maßnahmen, die zur Verbesserung der Barrierefreiheit beitragen, wirken sich positiv auf die allgemeine Benutzererfahrung aus. Websites, die gut strukturiert, einfach zu navigieren und für alle nutzbar sind, bieten eine bessere User Experience für alle – nicht nur für Menschen mit Beeinträchtigungen.
  • Der Curb-Cut-Effekt: Der sogenannte „Curb-Cut-Effekt“ beschreibt das Phänomen, dass eine Maßnahme, die ursprünglich für eine bestimmte Gruppe entwickelt wurde, letztlich allen zugutekommt. Ein klassisches Beispiel sind abgesenkte Bordsteine, die ursprünglich für Menschen mit Rollstühlen gedacht waren, aber inzwischen auch von Eltern mit Kinderwagen oder Menschen mit Fahrrädern genutzt werden. Genauso kann barrierefreies Webdesign allen Nutzern eine angenehmere und effizientere Nutzung ermöglichen.

Barrierefreiheit mit JTL-Shop

Natürlich ist es uns bei JTL wichtig, unseren Beitrag dazu zu leisten, E-Commerce für alle Menschen zugänglich zu machen. Daher arbeiten wir aktuell unter Hochdruck daran, mit unserer Lösung alle BFSG-Anforderungen zu erfüllen. Ab Release von JTL-Shop 5.5 werdet Ihr mit dem Nova-Template Euren Shop problemlos richtlinienkonform aufstellen können. Die neue Version wird voraussichtlich ab März 2025 zur Verfügung stehen. Am besten registriert Ihr Euch für unseren Newsletter, um kein Update zu verpassen!

Fazit: Barrierefreiheit ist kein „Nice-to-Have“

Barrierefreiheit im E-Commerce ist kein Trend, den Ihr ignorieren könnt. Spätestens ab Sommer 2025 wird es rechtlich verbindlich, und die Konsequenzen für Nicht-Einhaltung können schwerwiegend sein. Darüber hinaus bietet Euch die barrierefreie Gestaltung Eurer Website die Chance, neue Zielgruppen zu erschließen, Eure Sichtbarkeit in Suchmaschinen zu verbessern und die Nutzererfahrung für alle zu optimieren.




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