Gesetzeslage rund um die Zusammenarbeit mit einem Fulfiller
Yvonne Bachmann Yvonne Bachmann

Juristin beim Händlerbund

Veröffentlicht am: 18. August 2021

Fulfillment & Recht: Das solltet Ihr wissen!

Fulfillment eröffnet Onlinehändlern erhebliches Wachstumspotenzial, reduziert Kosten – aber es bringt auch Risiken mit sich. Denn die rechtlichen Fragen rund um das Thema sind komplex. Um Euch einen Überblick über die rechtlichen Fallstricke zu geben, beantwortet Juristin und E-Commerce-Expertin Yvonne Bachmann vom Händlerbund in unserem heutigen Beitrag für Euch die wichtigsten Fragen rund um das Thema Fulfillment.



Worauf sollte ich beim Abschluss eines Fulfillment-Dienstleistungsvertrags besonderen Wert legen?

Bei den Vertragsverhandlungen steht ganz klar die Frage im Fokus: Was will ich? Das Wichtigste ist dann vor allem eines: ein ausführliches Leistungsverzeichnis, in dem genau definiert ist, welche Dienstleistung gewünscht ist und was Zusatzleistungen kosten. Hinzu kommen natürlich die Standardklauseln zu den Sorgfaltspflichten des Fulfillers, die Prüfpflichten oder Rügefristen sowie alles rund um Laufzeit, Vergütung, Zahlungsmodalitäten oder Versicherungsfragen. Nicht zuletzt muss auch der gesunde Menschenverstand mit beachtet werden. Zwischen beiden Parteien sollte ein Vertrauensverhältnis bestehen, weil der Dienstleister schließlich das Aushängeschild nach außen für den Händler ist.

Abholung der Ware im Lager

Wer haftet bei Schäden oder Unfällen beim Transport der Ware?

Hier muss zwischen zwei Konstellationen unterschieden werden: Gegenüber dem Verbraucher ist es immer sein Vertragspartner, also meist der Händler, der für Schäden, Unfälle oder Verlust einstehen muss. Im Innenverhältnis muss dann die Haftung je nach Verschulden eingeordnet werden. So kann die Haftung entweder beim Fulfiller liegen oder beispielsweise beim Transportunternehmen.

Wie wird der Datenschutz beim Fulfillment umgesetzt?

Tatsächlich werden an den Fulfillment-Dienstleister sensible Daten wie Name und Adresse sowie bestellte Artikel des Kunden übergeben. Ein Auftragsverarbeitungsvertrag ist nach dem aktuellen Rechtsstand jedoch nicht nötig. Die Datenweitergabe ist daher ohne speziellen Vertrag oder gar Einwilligung des Kunden möglich und wird wie folgt gerechtfertigt: Die Datennutzung durch den Fulfillment-Dienstleister ist zur Erfüllung des Vertrages erforderlich und darf damit ohne weitere Voraussetzungen erfolgen.

Welche Gesetze und Verordnungen sollte ich auf jeden Fall kennen, wenn ich einen Fulfillment-Dienstleister engagiere?

Die Liste der Gesetze ist in diesem Bereich schier endlos. Anfangen muss man natürlich mit den allgemeinen Verbraucherregelungen, die sich aus der Vertragsgestaltung und den Haftungsfragen ergeben. So muss der Fulfillment-Dienstleister zudem gewährleisten, dass die Lieferung in die richtigen Hände gerät. Stichwort ist dabei der Jugendschutz im Zielland (z. B. bei Alkohol, Tabak und Trägermedien). Ein weiterer Aspekt ist die steuerliche Komponente, wo es Mitte 2021 mit der Umsatzsteuerreform weitreichende Neuerungen gegeben hat. Schließlich trat am 16. Juli 2021 die EU-Marktüberwachungsverordnung in Kraft, welche Fulfillment-Dienstleister in die Pflicht nimmt und sie anders als bisher selbst als Wirtschaftsakteure ansieht. Bisher konnten die Fulfiller diese vielen Grauzonen ausnutzen.

Gibt es steuerrechtliche Besonderheiten beim Fulfillment bzw. wo wird der Umsatz versteuert?

Ja, da gibt es durchaus einige Besonderheiten. Nutzen Händler Strukturen wie das Fulfillment, dann fällt seit Sommer 2021 mehr Arbeit an. Bei einem Lager im EU-Ausland fallen weiterhin die Registrierungen und Meldungen beim lokalen Finanzamt im Lagerland an – das OSS-Verfahren findet dabei keine Anwendung. Parallel müssen grenzüberschreitende Lieferungen über den OSS im Sitzland gemeldet werden.

Barcodegestützte Lagerverwaltung mit Warehouse Management System JTL-WMS

Was muss ich im Rahmen meiner AGB bzw. des Kaufvertrags mit meinem Kunden beachten, wenn ich einen Fulfillment-Dienstleister beauftrage?

Tatsächlich nichts. Es gibt keine Hinweispflicht o. Ä., wonach der Käufer informiert werden muss, dass Bestellungen teilweise oder komplett über einen Dritten abgewickelt werden. Eine extra Klausel in den AGB für den Kunden braucht das Fulfillment daher nicht. Lediglich bei der Rücksendung nach einem Widerruf kann es Besonderheiten geben, wenn eine Rücksendung an den Fulfillment-Dienstleister gewünscht ist, statt an den Händler.

Wer muss welche Verpackungen lizenzieren?

Wer sogenannte systembeteiligungspflichtige Verpackungen (inkl. Füllmaterial, Etiketten etc.) in den Verkehr bringt, muss auch für die Verwertung bezahlen. Rein praktisch ist es im Falle der Zusammenarbeit mit einem Fulfillment-Dienstleister also nicht der Händler, der die Verpackungen in den Verkehr bringt, sondern der Fulfillment-Dienstleister. Dann ist nach dem Gesetzeswortlaut auch grundsätzlich der Fulfillment-Dienstleister registrierungs- und systembeteiligungspflichtig.

Hier gibt es aber eine Ausnahme von der Regel: Wenn außen auf der Versandverpackung ausschließlich der Verkäufer erkennbar ist, ist dieser selbst registrierungs- und systembeteiligungspflichtig. Weitere nützliche Infos zur Registrierung und Lizenzierung von Verpackungen findet Ihr in unserem Blogbeitrag Checkliste für einen rechtssicheren Start mit dem eigenen Online-Shop.

Mit JTL den Versand effizient organisieren

Fazit: Rechtsfragen hängen stark von Euren Erwartungen und Gegebenheiten ab

Insgesamt hängen die rechtlichen Rahmenbedingungen rund um das Thema Fulfillment stark davon ab, welche Art von Ware Ihr in welchem Einzugsgebiet anbietet und vertreibt. Hier sollte sich jeder im eigenen Interesse ausreichend informieren. In Bezug auf die Vertragsgestaltung lässt der Gesetzgeber jedoch recht viel Gestaltungsspielraum. Gerade deswegen solltet Ihr Euch genau darüber im Klaren sein, welche Erwartungen Ihr an die Zusammenarbeit mit einem Fulfiller stellt. Wer dann noch über allgemeine Themenbereiche Bescheid weiß, hat die ideale Grundlage dafür, mit Fulfillment durchzustarten und sein Business-Potenzial voll auszuschöpfen.

Eine Vielzahl geprüfter Fulfillment-Dienstleister findet Ihr auch in unserem JTL-Fulfillment Network. Mithilfe intelligenter Filter findet Ihr mit wenigen Klicks den passenden Dienstleister und startet die Zusammenarbeit direkt aus unserer Software heraus. Das Beste: Die Plattform ist für Euch als Händler komplett kostenfrei!

Über die Autorin: Yvonne Bachmann ist seit 2013 als Juristin und Redakteurin für den Händlerbund tätig. Dort berät sie Onlinehändler in Rechtsfragen und berichtet auf dem Infoportal OnlinehändlerNews regelmäßig über Rechtsthemen, die die E-Commerce-Branche bewegen. Außerdem ist sie eine bundesweit gefragte Referentin, Interviewpartnerin und Gastautorin.

So funktioniert das JTL-Fulfillment Network



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