Rechtsanwalt für Wettbewerbs- & Datenschutzrecht bei IT-Recht Kanzlei
Zu viele Retouren? Über die Zulässigkeit von Kundensperrungen wegen übermäßiger Rücksendungen
Des Verbrauchers Freud ist nicht selten des Händlers Leid – vor allem, wenn es um Retouren geht. Händler sehen sich im Angesicht von Warenrücknahmen nicht nur einem logistischen Aufwand, sondern auch finanziellen Einbußen durch die geminderte Wiederverkäuflichkeit retournierter Artikel gegenüber. Vielleicht habt auch ihr schon einmal mit dem Gedanken gespielt, Verbraucher mit einer (zu) hohen Retourenquote aus dem Kundenstamm auszuschließen, ihnen weitere Vertragsschlüsse zu verweigern und gegebenenfalls den Zugang zu bestehenden Kundenkonten zu sperren. Aber ist das rechtlich zulässig? Dieser Frage geht unser Gastbeitrag auf den Grund.
Rechtliche Grundlagen von Retouren im Onlineshop
Wenn Verbraucher bestellte Waren bei euch als Händlern zurückgeben wollen, kommen hierfür verschiedene rechtliche Grundlagen in Betracht:
Wann darf ich Kunden aufgrund von Retouren von meinem Onlineshop ausschließen?
Wenn ihr als Händler aufgrund zahlreicher Retouren kein Interesse mehr an einer Kundenbeziehung habt und keine weiteren Verträge mit dem betreffenden Verbraucher eingehen wollt, ist dies rechtlich nicht in jedem Fall zulässig.
Vielmehr hängt eure Berechtigung zum Käuferausschluss und zu Folgemaßnahmen (wie etwa einer Kontosperrung) immer vom Rechtsgrund der Retoure ab.
Grundsätzlich stehen sich hier euer virtuelles Hausrecht im Shop bzw. euer Recht auf Vertragsfreiheit und die gesetzlich anerkannten Verbraucherschutzbelange gegenüber.
Es gilt, drei Fälle zu unterscheiden:
Drei Rechtsgründe für Retouren
1.) Widerrufsbedingte Retouren
Verbraucher, die ihre gesetzlichen Widerrufsrechte intensiv wahrnehmen und in der Folge viele Verträge rückabwickeln lassen, dürfen von euch nicht von künftigen Vertragsschlüssen abgehalten werden.
Der Grund: Das dem Verbraucher gesetzlich zustehende Widerrufsrecht ist an keine zahlenmäßigen Grenzen gebunden. Jede neue Bestellung lässt ein eigenes Widerrufsrecht entstehen, das ihr als Händler nicht abbedingen könnt.
Anderenfalls würdet ihr den Verbraucher für die Wahrnehmung seiner Rechte abstrafen und ihn gegebenenfalls davon abhalten, zukünftig von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen.
Damit wäre es auch unzulässig, sich den Kundenausschluss wegen übermäßigen Widerrufs in den AGB vorzuhalten. Eine entsprechende Klausel wäre wegen einer sog. „unangemessen Benachteiligung“ immer unwirksam und abmahnbar.
Hinweis zur rechtsmissbräuchlichen Ausübung des Widerrufsrechts
Etwas anderes kann im Einzelfall nur dann gelten, wenn Verbraucher ihr Widerrufsrecht „rechtsmissbräuchlich“ ausüben. Dann könnten zukünftige Vertragsverhältnisse von euch berechtigt abgelehnt werden.
Ein Rechtsmissbrauch liegt aber nicht schon bei erhöhter Widerrufsquote, sondern erst dann vor, wenn der Verbraucher euch mit Widerrufsbegehren vorsätzlich schädigen oder schikanieren will.
Da ihr dies als Händler im Zweifel beweisen müsstet, sind solche Fälle aber kaum durchsetzbar.
2.) Gewährleistungsbedingte Retouren
Was für widerrufsbedingte Retouren gilt, gilt auch für berechtigte mängelbedingte Retouren.
Treten Verbraucher wegen eines Sachmangels vom Vertrag zurück, dürfen sie von euch hierfür nicht mit einem Ausschluss bestraft werden.
Als Händler ist es euch gegenüber Verbrauchern nämlich verboten, vom gesetzlichen Gewährleistungsmaßstab nachteilig abzuweichen. Ein Ausschluss von Verbrauchern als Vergeltungsmaßnahme für Gewährleistungsansprüche wäre aber gerade eine solche nachteilige Abweichung.
Etwas anderes gilt bei wiederholten unberechtigten Reklamationen. Stellt sich heraus, dass eine reklamierte Sache gar nicht mangelhaft war und sind Mängelbehauptungen daher nicht haltbar, könnt ihr bei wiederholtem Auftreten derartiger Fälle künftige Vertragsschlüsse zurecht verweigern.
3.) Retouren aufgrund freiwilligen Rückgaberechts
Gewährt ihr Verbrauchern schließlich ein freiwilliges Rückgaberecht, liegt der Fall anders:
Weil es sich bei diesem Recht um eine freiwillige Zusatzleistung eurerseits handelt, könnt ihr es innerhalb bestimmter rechtlicher Grenzen beliebig ausgestalten und regulieren.
Freiwillige Rückgaberechte bewegen sich also außerhalb des Bereichs zwingend zu beachtender Verbraucherschutznormen. Bei einer übermäßigen Inanspruchnahme durch Verbraucher kann euer Entschluss, künftig Vertragsschlüsse zu verweigern und die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, rechtlich nicht beanstandet werden.
Beanspruchen Verbraucher vertragliche Rückgaberechte daher übermäßig, dürft ihr sie aus dem Kundenstamm künftig ausschließen.
Beispiele für Kundensperrung wegen übermäßiger Retouren
Um diese komplexen rechtlichen Fälle zu veranschaulichen, lohnt sich der Blick auf die folgenden drei Beispiele:
Fall 1
Verbraucher X retourniert aufgrund eines Widerrufsrechts 10 Bestellungen, jeweils innerhalb von 13 Tagen nach der Widerrufserklärung. Händler Y räumt zwar ein längeres freiwilliges Rückgaberecht ein, dieses nutzt X aber nicht. Sperrung von X zulässig?
Nein, da widerrufsbedingte Sanktionen nicht rechtens sind.
Fall 2
Verbraucher X retourniert 5 Bestellungen innerhalb der gesetzlichen Widerrufsfrist und 10 Bestellungen aufgrund eines vertraglichen Rückgaberechts von Händler Y. Sperrung von X zulässig?
Ja, da X das freiwillig gewährte Rückgaberecht von Y übermäßig nutzt.
Fall 3
Verbraucher X retourniert aufgrund eines Widerrufsrechts 10 Bestellungen, jeweils innerhalb von 13 Tagen nach der Widerrufserklärung, und 2 Bestellungen später auf Grundlage eines vertraglichen Rückgaberechts von Händler Y. Sperrung von X zulässig?
Nein. Für die „Übermäßigkeit“ dürfen nur die Retouren aufgrund des freiwilligen Rückgaberechts herangezogen werden. 2 Retouren gelten noch nicht als übermäßig.
Fazit
Euer Recht zum Ausschluss von Verbrauchern aus dem Kundenstamm, zur Verweigerung künftiger Vertragsverhältnisse oder gar zur Sperrung von Kundenkonten hängt stets von der rechtlichen Grundlage für die Retouren ab.
Um Retouren zu vermeiden, lohnt es sich, Vorkehrungen zu treffen: Das können konkrete, eindeutige und anschauliche Produktbeschreibungen oder virtuelle Testmöglichkeiten sein. Andererseits kann im wiederholten Retourenfall eure Entscheidung, Kulanz walten zu lassen, immer auch ein Vorteil für eine langfristige Kundenbeziehung sein.
Bei weiteren Fragen zu Retouren oder zur Handhabung von gesetzlichen Kundenrechten steht euch die IT-Recht Kanzlei gerne persönlich zur Verfügung:
- Veröffentlicht am: 18. März 2020
- Kategorie Lösungen von Partnern
- Themen Gastbeitrag, Recht & Pflicht, Retouren, Versand, Onlineshop
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